Elektrisierend: Die erste Testfahrt mit dem VW ID3 1st – meine Gefühle und Eindrücke

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1st Edition, das klingt interessant! Deshalb sind auch wir den brandneuen VW ID3 in Zwickau gefahren und haben ihn auf die Probe gestellt.

In einer der größten deutschen Industrien tut sich gerade sehr viel und wir bemerken das bei uns direkt vor Ort jeden Tag immer stärker. Ich wohne seit meiner Geburt in Zwickau, eine Autostadt seit August Horch und heute Produktionsstätte vieler elektrischer Neufahrzeuge von Volkswagen. Die ersten neuen ID3 fahren derzeit nicht nur vom Band, sie kommen in die Garage ihrer Käufer. Und weil ich den ID3 jetzt schon fast jeden Tag auf unseren Straßen sehe, musste ich dieses neuartige Auto unbedingt selbst fahren. Gesagt, getan.

Ich bin diesmal den klassischen Weg gegangen und vereinbarte eine Probefahrt in einem Autohaus. Das ging schnell und unkompliziert, wir hatten den ID3 für ca. 4 Stunden und haben diese Zeit voll ausgenutzt. Stadt, Land und Autobahn, ich habe in der kurzen Zeit möglichst viele Kilometer abgerissen. Zu mir: Ich bin vielleicht kein Petrolhead, vermisse aber durchaus die alten Klänge der Formel 1, fahre derzeit einen Fünfzylinder, fuhr früher einen V6 von Audi und dazwischen mit dem DS3 Racing eine kompakte Turborakete. Benzin ist zwar im Blut, für mich aber kein Muss.

ID3 ist kein Premium-Fahrzeug: Der Kaufpreis steckt definitiv in der Technik

Das äußerliche Erscheinungsbild des ID3 ist durchaus auffällig. Es ist eines der wenigen E-Fahrzeuge, die auf den ersten Blick noch wie klassische Autos aussehen. Der ID3 fällt kaum auf, wirkt für seine Klasse aber sogar sehr sportlich. Das recht hochgebaute Auto bekommt durch die durchgezogene Dachlinie eine schnittige Silhouette. Zwar kommt der ID3 vom gesamten Aufbau schon eher dem Golf Plus nahe, wirkt optisch aber sehr viel sportlicher und deutlich jünger. VW hätte beim Felgendesign mehr investieren und die graue Folierung der C-Säule weglassen können, hat sonst aber einen schicken E-Flitzer hingestellt.

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Im Innenraum spalten sich die Gefühle schon mehr auf. Während ich mit dem Bereich rund um den Fahrer noch viel anfangen kann, das Lenkrad schon sehr nach VW aussieht, enttäuschten insbesondere die gewählten Farben einiger Komponenten. Besonders die Sitze sehen unterirdisch aus, die gewählten Farben sorgen für einen sehr billigen Look. Auch die Qualität der Sitze lässt zu wünschen übrig, die Langstrecke mit ca. 3 Stunden Fahrzeit hatte meinem Hintern schon nicht mehr sonderlich gutgetan. Man merkt, dass der Kaufpreis in der Technik steckt, nicht in den verwendeten Materialien.

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Besser hätte ich auch die Geräuschkulisse erwartet, spätestens ab 120 Kilometern pro Stunde steht hörbar eine Schrankwand im Wind. Es rauscht und pfeift, das erinnert nicht an die gewohnte Qualität von Volkswagen. Das ginge deutlich besser, da bin ich mir sicher. Viel mehr überzeugte hingegen das Platzangebot, das vorn wie hinten phänomenal ist. Golf Plus. Mehr oder weniger. Auf jeden Fall eignet sich der ID3 für Familien, so war jedenfalls mein erster Eindruck. Einzig die Kopffreiheit könnte ab 1,80 Meter allmählich zum Problem werden, jedenfalls auf den hinteren Plätzen. Beinfreiheit gibt es hingegen sehr viel.

Sportliches Familienfahrzeug mit sehr viel Moderne

Für mich hat heute in erster Linie gezählt, ob der ID3 auf seinem neuen Gebiet etwas kann. Und ja, das kann er. Aus Position des Fahrers wirkt der ID3 schon durchaus sportlich, was in erster Linie auf das Fahrverhalten zurückzuführen ist. Die verbauten Sitze können es jedenfalls nicht sein und die sehr angenehme aber hohe Sitzposition ist es auch nicht. Aber die enorme Kraftübertragung von Fußspitze auf Asphalt ist ein ungeheuerlicher Spaß. Und dabei kommen hier nur 204 PS auf über 1,7 Tonnen Gewicht.

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Man kann aber auch wunderbar dahingleiten und mit der Nutzung der Rekuperation (Energierückgewinnung) kann man sich selbst eine Challenge stellen. Nämlich flott, aber doch sparsam unterwegs zu sein. Nicht nur mir hat das „geräuschlose“ Autofahren großen Spaß gemacht, auch meine Beifahrer waren sehr angetan. Grundsätzlich schafft das sehr flüssige Fahren einen weiteren Grad der Entspannung, dabei fahre ich privat bereits ein Automatikfahrzeug und profitiere davon im Stadtverkehr sehr.

VW hätte den ID3 auch Touch nennen können, denn echte Tasten gibt es nur noch sehr wenige. Die einzelnen wenigen Steuerungselemente sind aber immerhin durch Erhebungen voneinander getrennt, sodass die Bedienung nur etwas Eingewöhnung braucht. Und sind wir mal ehrlich, was nutzt man denn überhaupt während der Fahrt? Lautstärke und Belüftung, das geht einem dann auch schnell ohne echte Tasten gut von der Hand.

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Am Lenkrad sind ebenso fast alle Tasten kapazitiv bedienbar, allerdings per Druck oder Wischgeste. Man hat also sogar die Wahl. Ebenso bei den Steuerungselementen unterm Infotainment. Für Temperatur und Lautstärke kann ich entweder einfach tippen oder in beide Richtungen wischen. Negativ hierbei ist eigentlich wieder nur die Wahl der Farben. Schwarzer Klavierlack überall dort, wo man mit den Fingern dran ist. WER DENKT SICH DAS AUS?

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Neue Funktionen können begeistern, Sprachsteuerung noch behäbig

Air Care zum Beispiel soll den Innenraum von Pollen befreien und die Luft säubern können. Aktuell schwer zu testen, aber eine ziemlich praktische Sache. Genauso praktisch wie Smart Climate, womit man bestimmte Funktionen per Schnellauswahl auslösen kann. Zum Beispiel die Füße zu wärmen, die Füße kühlen oder im Fahrzeug für frische Luft sorgen. Ich habe keinen Überblick über den Automarkt. Verzeiht mir also, wenn diese Funktionen nicht von VW stammen oder innovativ sind, ich mag sie trotzdem.

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Ein großer Fan war ich auch vom simplen Display hinter dem Lenkrad. Die Basis ist eine Aufteilung, links gibt es Informationen zur Straße wie Lane Assistant, Abstandsradar und so weiter, rechts die Geschwindigkeit, Restreichweite und aktuelle Richtgeschwindigkeit. Man kann sich außerdem benachrichtigen lassen, wenn man doch mal zu flott unterwegs ist. Passierte mir häufiger.

Etwas praktischer wäre in meinen Augen noch gewesen, wenn das Bild der Rückfahrkamera auf diesem Display und nicht auf dem Infotainment zu sehen ist.

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Nicht so häufig nutzte ich hingegen die Sprachsteuerung, die etwas langsam reagiert und noch eindeutig Luft nach oben hat. Man kann zwar auf bestimmte Radiosender wechseln, die Klimaanlage steuern und andere Dinge tun, das gesamte System fühlt sich aber noch etwas unrund an. Mit dieser Herausforderung ist VW allerdings nicht alleine, Sprachsteuerungen fühlen sich häufig noch nicht natürlich genug an.

Fazit: Ich habe voll Bock auf Elektro

Ich mag laute Autos, den Klang von Motorkraft. Aber genauso faszinierend ist diese stille und noch stärkere Kraft, die ein derartiges E-Fahrzeug auf die Straße bringt. Viele Fahrzeuge sind sicherlich vergleichbar oder sogar noch fortschrittlicher, wenn es um Automatisierung und Technik im Auto geht. Dennoch konnte der ID3 in wenigen Stunden ein Gefühl der Zufriedenheit hervorrufen. Ist ja alles noch am Anfang. Da wird es irgendwann mehr Qualität geben und mehr Auswahl.

Ich würde den ID3 gerne mit den Foldable-Smartphones von Samsung und Co. vergleichen wollen. Die zum Teil komplett neuen Geräte hatten anfangs ihre Schwierigkeiten, sind auch heute noch ultrateuer, obwohl für den Nutzer eigentlich nur eine einzige Komponente anders ist. Auch deshalb ist die 1st Edition des ID3 etwas für Early-Adopter, für den Massenmarkt aber erst später interessant.

Das elektrische Autofahren hat mich dennoch sofort angefixt und dürfte auch dir sehr viel Spaß bereiten.

Und die Reichweite?

Ganz klar, der wohl meist diskutierte Punkt zum Schluss. Wir sind heute alles gefahren, was die deutschen Straßen hergeben und bis 160 km/h schnell. Unterm Strich schrumpfte nach 130 km die errechnete Restreichweite um nur 104 km, was mich positiv überraschte. In Anbetracht meines Fahrstils umso mehr, da waren viele Ampelstarts dabei. Fährt man im Ecomodus und entsprechend leichtfüßig, dürfte die Herstellerangabe von 300 km mit dem mittleren Akku gar kein Thema sein. Wir hatten ca. 37 Prozent Akku verbraten.

PS: Aussagen zum Ladeverhalten kann ich leider nicht machen, dafür reichte die Zeit nicht. Verwirrend war allerdings an dieser Stelle noch, dass ausgerechnet die Funktion „Gespeicherte Ladeorte“ noch nicht zur Verfügung stand.

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14 Kommentare zu „Elektrisierend: Die erste Testfahrt mit dem VW ID3 1st – meine Gefühle und Eindrücke“

  1. Hallo, für mich ein guter Bericht. Ich verstehe etwas von Autos. Der Schreiber diese Artikel nicht. Und genau das ist für den Leser gut. Ein authentischer Bericht einer Probefahrt. Ich hatte Spaß beim Lesen und die Informationen bekommen, mit denen ich etwas anfangen kann. Vielen Dank. J. Graubner

  2. Hallo, ich habe mir den ID. 3 gestern beim Händler angesehen. Leider mit dem gleichen Ergebnis, die Qualität der Materialien ist leider gruselig, ich hatte nicht das Gefühl hier steht ein e-Nachfolger vom Golf, sonder ehr ein größerer Up. Schade…

  3. Hi, finde den Bericht gelungen, insbesondere die Perspektive! Vielen Dank dafür. Der ID 3 ist im Verhältnis zum Tesla gelungen, bin schon auf den ID 4 gespannt, vielleicht gibt es ja hier wieder einen Bericht darüber 😉

  4. Zitat:
    „Das äußerliche Erscheinungsbild des ID3 ist durchaus auffällig. Es ist eines der wenigen E-Fahrzeuge, die auf den ersten Blick noch wie klassische Autos aussehen. Der ID3 fällt kaum auf…“

    Der ID3 ist also auffällig, weil er wie ein konventionelles Auto aussieht und darüber hinaus kaum auffällt…
    Selten so einen Blödsinn gelesen.

  5. Danke für den Bericht. Dennoch meiner Meinung nach keine große Konkurrenz für das Model 3. Bisschen mehr Reichweite und etwas günstiger. Aber die Punkte Design, Ästhetik, Technik, Software, Verbrauch und Ladenetzwerk gehen klar an Tesla. Falls du den noch nicht Probe gefahren hast, tu es!

    1. Nein, aber ich hab jetzt umso mehr Bock mich durchzuprobieren und werde auch mal ein Model 3 fahren wollen. Ladenetz finde ich interessant aber irrelevant, jedenfalls zu über 90 % unseres Alltags, denn der nächste wäre 100 km weg.

  6. ID 3 im Verhältnis zum Tesla gelungen? Ein besserer Polo der mehr Strom braucht als ein Fahrzeug in der Größe einer C Klasse? Billigste Materialanmutung, lahme Sprachsteuerung? Der Preis stecke in der Technik? Welche? Das einzig hochwertige ist die Preisgestaltung! Was ist nur aus deutscher Ingenieurkunst geworden? Da hilft doch kein Schönreden, da hilft nur, endlich die Ärmel hochzukrempeln. Guckt mal nach Tschechien, der neue SUV gibt da mehr Hoffnung und ist um Welten billiger!

  7. Wie sieht es denn mit der Sicherheit der „Umwelt“ also der anderen Verkehrsteilnehmer aus ? Mein Schwager hat den ID.3 schon gefahren und meinte, ein Tongenerator erzeugt ein Geräusch bis ca. 30 km/h. Wenn das also stimmen sollte, wäre das M.n. viel zu wenig. In den Innenstädten sind immer noch 50 km/h die Regel und da sollten Fahrradfahrer und Fußgänger schon was davon mitbekommen, dass sich ein Fahrzeug nähert.

    1. Ab bereits 20 km/h treten deutlich die Abrollgeräusche der Reifen in den Vordergrund, deswegen braucht man darüber keinen Soundgenerator und deswegen wurde das gesetztlich auch so festgelegt. Da ist also quasi schon eine „Reserve“ von 10 km/h zum gesetzlichen Grenzwert.

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