Tesla Model 3 (LR, 2021) im Kurztest: Ist das fahrende iPad allen voraus?

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Ausprobiert: Tesla bietet wohl die modernsten Elektrofahrzeuge an, aber das Model 3 soll auch alltagstauglich sein.

Wir sind auf der Suche nach einem attraktiven EV, das Modernität vermittelt und bereit für eine kleine Familie ist. Aber auch Reichweite spielt eine Rolle, genauso wie gute Fahrleistungen. Ist da nicht das Model 3 von Tesla genau das richtige Fahrzeug für uns? Das haben wir selbst ausprobieren wollen und uns deshalb ein fabrikneues Auto für ein paar Tage gemietet. Wie gut dieser Stromer für uns funktioniert hat, erfahrt ihr in den folgenden Zeilen.

Der Titel des Beitrags spielt vorrangig auf die Touchscreen ausgelegte Bedienung der meisten Fahrzeugfunktionen an. Das lässt sich beim aktuellen Tesla Model 3 und vermutlich auch in anderen Tesla-Modellen eigentlich recht kurzfassen. Das verbaute „Tablet“ ist nicht nur sehr großzügig, es reagiert auch wahnsinnig schnell, die Menüs sind intuitiv aufgebaut und die Position der wichtigsten Tasten (Lüftung, Medien, etc.) hat man nach wenigen Kilometern verinnerlicht.

Tesla liefert Apple-Niveau

Nahezu alles dreht sich um das große Display, wenn es um die Konfiguration des Fahrzeugs geht. Die wenigen echten Knöpfe und Schalter rund ums Lenkrad decken hingegen die wichtigsten Funktionen für den Alltag ab. Tempomat, Blinker, Autopilot, Lautstärke, Scheibenwischer – viel mehr brauche ich im Regelfall nicht und das ist alles schnell sowie leicht erreichbar. Intuitiv auch deshalb, weil Lenkrad und Mittelkonsole eben nicht mit 50 leuchtenden Tasten belegt sind.

Der aufgeräumte Innenraum bietet zwei Ladeschalen und viel Stauraum in der Mittelkonsole:

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Steuerungsräder können verschiedene Aufgaben erledigen, die über den Touchscreen festgelegt werden:

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Natürlich wirkt der aufgeräumte Innenraum zunächst befremdlich, wenn man mehrere Jahrzehnte gewohnt war, für jede einzelne Funktion eine eigene physische Taste vorfinden zu können. Nur ist es so, dass diese moderne Gestaltung des Innenraums unterm Strich für weniger Fragezeichen sorgt. Es braucht kurz, aber dann gewöhnt man sich sehr gut ein. Wobei mir klar ist, dass sich jüngere Generationen mit Touchbedienungen meist leichter tun. Daher unterscheidet sich stark die Meinung dazu, ob es weiterhin viele Tasten braucht oder eine solche Touchzentrale heutzutage die bessere Wahl ist.

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Die direkte Integration von Spotify, TuneIn, Netflix und Co. sorgt dafür, dass ich gar nicht mehr an Android Auto gedacht habe. Auch die integrierte Navigation machte an unserem Testwochenende stets eine gute Figur und ließ mich Google Maps schnell vergessen. Ein kleiner Nachteil ist allerdings die nicht vollständige Auflistung verfügbarer Ladesäulen, da zum Beispiel in unserer Stadt das komplette Angebot der städtischen Energieversorgung gefehlt hat.

Die Anzeige der Geschwindigkeit ist so nah am Lenkrad, dass man den Blick gar nicht allzu sehr von der Straße nimmt:

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Kurzes Video zur Touchbedienung

So wenig Tasten und Hebel wie möglich

Tesla strotzt vor Modernität. Zwar bauen die Amerikaner im Grunde genommen auch nur ein Auto auf vier Rädern, man verzichtet dabei allerdings auch in anderen Bereichen auf mechanische Hebel. Die Tür hat außen einen Griff, den man sich erst verinnerlichen muss. Von innen kommt man nur per Knopfdruck raus, das Handschuhfach öffnet sich über eine Taste auf dem Touchscreen. Das ist für mich neu, aber cool und gut bedienbar.

Ich war dann schon überrascht davon, dass man die Sitze mit physischen Tasten direkt am Sitz einstellt und nicht auch über das Display.

Autopilot und Parkpilot sind wirklich noch Beta

Tesla stattet seine Fahrzeuge auf Wunsch mit allerhand spannender Extras aus. Davon konnte ich das Herbeiholen leider nicht probieren, da das Auto nicht mit meinem Smartphone gekoppelt war. Was auch zu einem wiederkehrenden Frustmoment sorgte. Da man ohne gekoppeltes Telefon mit der dazugehörigen Schlüsselkarte immer zur B-Säule hinter dem Fahrersitz muss, um dort das Auto zu entsperren.

Probieren konnte ich dafür den Autopiloten, dem ich aber nur mit vorhanden Fahrbahnmarkierungen traue.

Nach ein paar Probekilometern war klar, dass der Autopilot noch genauso Beta ist, wie es auch der Parkpilot scheint. Dieser wollte mich einmal hinter einem Auto parken, wo ein Baum stand, aber keine Parktasche gewesen ist. Oder einmal in einem Busch, ebenfalls deutlich hinter der eigentlichen Parktasche. Oftmals wurde mir der Parkpilot gar nicht erst angeboten. Andere Tester bestätigen diese Unzuverlässigkeit.

Leider trifft das auch auf die Ampelerkennung zu. Gerade an Kreuzungen mit vielen unterschiedlichen Fahrspuren kam die Erkennung manchmal durcheinander. Sie schaltete meine Ampel in der Software nicht um, die Ampel wurde nicht erkannt oder sie zeigte die falsche Signalfarbe an. Bei alle diesen Funktionen wurde mir klar, dass Tesla vielleicht weiter als andere ist, aber längst noch nicht am Ziel.

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Fahrspaß von der harten Sorte

Unser Wagen hatte die größere Long-Range-Batterie, zwei Elektromotoren und kommt laut Datenblatt in 4,4 Sekunden auf 100 km/h. Daran habe ich keine Zweifel. Das Fahrzeug kam egal aus welcher Geschwindigkeit derart gut los, dass man am liebsten tagelang nur Ampelstarts oder Überholmanöver durchgeführt hätte. Der tiefe Schwerpunkt und die satte Fahrweise werden allerdings vom Fahrwerk getrübt, das auf den installierten 19″ Rädern zwei Nachteile offenbarte.

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Zum einen ist das Model 3 sehr straff abgestimmt. Das ist zwar nett, um ein sportliches Gefühl zu bekommen. Im Alltag ließ das Fahrwerk allerdings sehr häufig den Komfort vermissen, den ich von einem Auto in dieser Preisklasse (ü 40.000 Euro) erwartet hätte. Eine weitere Schwäche offenbarte sich bei höheren Geschwindigkeiten jenseits der 150 km/h. Hier wirkte das Model 3 sehr schnell „schwammig“. Einerseits am Lenkrad, aber auch direkt auf der Straße.

Ansonsten bin ich ein großer Fan des Fahrens mit nur einem Pedal. Durch die starke Rekuperation (Rückgewinnungsbremse) bremst man so gut wie nie mit der Bremse selbst. Mit dem Gasfuß (oder eher Stromfuß?) kontrolliert man einerseits die steigende Geschwindigkeit, aber auch wie schnell oder langsam die Geschwindigkeit abfällt. Das ist anders als bei Verbrennern und eine sehr komfortable Art das Auto zu bewegen.

Reichweite – wie oft muss geladen werden?

In meinen dreieinhalb Testtagen habe ich das rechte Pedal natürlich häufiger strapaziert als im üblichen Alltag. Dennoch kamen wir mit 55 kWh rund 340 km weit. 82 kWh Kapazität hat das aktuelle Long Range Model 3. Unser durchschnittlicher Verbrauch lag mit 162 Wh/km eine ganze Ecke über der Werksangabe. Aber wir haben natürlich auch den möglichen Alltag ausprobiert. Der Verbrauch liegt auf der Arbeitsstrecke meiner Frau (26 km pro Tag) und gemäßigter Fahrweise bei nur 131 Wh/km. Das ist wiederum deutlich unter der Werksangabe.

Wir sind allerdings wenig Autobahn gefahren, die kommt bei uns im Alltag letztlich auch nur sehr selten zum Einsatz. Die Werksangabe zur Reichweite mit über 600 km dürfte schwer zu erreichen sein, aber über 500 km sind für uns sicherlich drin. Ich habe zwischenzeitlich mal „Schnelllader“ von enBW Mobility probiert, da hatte ich in weniger als zehn Minuten schnell mal 90 km Reichweite nachladen können.

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Verarbeitung und Materialauswahl mit kleinen Schwächen

Wer im Model 3 sitzt, befindet sich in einem Glashaus aus Plastik und Leder. Während die Türtafeln, die Sitze und das Lenkrad noch hochwertig, aber auch weich und angenehm anzufassen sind, ist hinter dem Lenkrad viel Plastik. Dafür hat mir der Look mit der Holzleiste wirklich gut gefallen. An der Fahrertür war ein Abschluss nicht sauber und die Heckklappe wurde mit etwas zu viel Spielraum eingesetzt. Abseits dieser Punkte sind mir keine weiteren negativen Eigenschaften aufgefallen.

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Leder, Alcantara und Holzfurnier bieten einen angenehmen Mix, der hochwertig wirkt und sich gut anfühlt:

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Das Model 3 steht wirklich gut da und bietet außerdem reichlich Platz. Davon war ich überrascht. Der Kofferraum hat durch die schnittige Form zwar eine sehr niedrige Ladehöhe, reicht dafür aber tief nach vorn. Auch unser recht großer Kindersitz fand ordentlich Platz und der Beifahrer konnte sich trotzdem noch recht bequem setzen. Etwas zusätzlichen Stauraum bietet der „Frunk“, wo bei Verbrennern eigentlich der Motorraum ist.

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Tesla Model 3 Kindersitz

Zu den Sitzen bleibt noch zu sagen, dass sie sich zwar sehr angenehm anfühlten und auch durchaus hochwertig, dafür der Seitenhalt zu wünschen übrig lässt. Das beißt sich mit dem sonst sehr sportlichen Eindruck, den das Model 3 durch Leistung und Fahrweise bei uns hinterlassen hat. Ein kleines Manko, wenn man Kurven mal schneller nimmt.

Model 3: Ist das was für uns?

Ich würde mir das Model 3 vermutlich kaufen, da das Gesamtpaket überzeugen kann. Leistung, Reichweite, Platzangebot und viele andere Punkte stimmen mich positiv. Als Fan moderner Technik bin ich außerdem ein großer Freund des riesigen Tablets und wie es sich im Alltag bedienen lässt. Sollte ich mich in naher Zukunft für ein EV entscheiden, spielt diese Modernität für mich eine sehr große und wichtige Rolle. Für andere ist dieser Innenraum zu kalt und aufgeräumt, da entscheidet auch der persönliche Geschmack.

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4 Kommentare zu „Tesla Model 3 (LR, 2021) im Kurztest: Ist das fahrende iPad allen voraus?“

  1. Es ist auch kein echter Autopilot, mein Passst ist 7JAHRE alt und kann alles besser, es ist erstaunlich, dass Tesla damit durchkommt, Beta ist noch geschmeichelt.

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