„Experten“ öffentlich-rechtlicher Sender verbreiten urbane Legende vom mithörenden Handy

Smartphone Head Hero 2

Foto: Jonas Leupe, Unsplash

Schon seit vielen Jahren vermuten Nutzer immer wieder, dass sie von ihrem Smartphone abgehört werden. Man vermutet, dass über das Mikrofon dauerhaft zugehört wird, was wir den liebenlangen Tag so sagen, um uns auf Basis dieser Informationen die passende Werbung zu präsentieren. Noch immer werden diese Märchen verbreitet.

Bis heute gibt es keine Beweise dafür, dass Apps von Facebook, Google und Co. tatsächlich über die Mikrofone unserer Handys mithören und unsere Gespräche zu Werbezwecken analysieren. Inzwischen wird bei Geräten mit Android und iOS außerdem auffällig (mit bunten Icons) darauf hingewiesen, wenn Apps auf Standort, Mikrofon oder Kamera aktiv zugreifen.

Indikator Für Kamera Zugriff Android

Es gibt aber immer noch Experten, die sogar in den öffentlich-rechtlichen Medien einen Platz bekommen, um dort ihre Unwahrheiten zu verbreiten. So sei das GPS des Telefons auch immer noch abrufbar, wenn es ausgeschaltet ist. Außerdem sei „ein Großteil“ der frei im Internet erhältlichen Android-Apps mit Trojanern und Viren ausgestattet, so der ORF-Experte.

In diesem Abschnitt des Interviews stört mich außerdem, dass der Kollege so tut, als würde lediglich Apple die hochgeladenen Apps im eigenen App-Store „screenen“, ob „da irgendetwas nach Hause telefoniert“. Er verschweigt, dass es für Android den Play Store gibt, der das auch tut und die wichtigste sowie sicherste App-Quelle für nahezu alle Android-Nutzer ist.

Tatsächlich stellt der Experte zu allem Überfluss noch die extrem steile These auf, dass sein eigenes Smartphone mitgehört hätte, worüber er sich und seine Frau im Urlaub unterhalten haben. Daraufhin bekam er die passenden Werbeanzeigen bei Instagram und anderen Netzwerken angezeigt. „Es funktioniert wirklich so“, fügte er an.

Natürlich ist es so, dass gerade Unternehmen wie Facebook und Google, die von Werbegeldern leben, sehr viele Infos von uns sammeln und auch freiwillig in Massen von uns über die angebotenen Apps übertragen bekommen. Aber von tatsächlich mithörenden Handys kann weiterhin keinesfalls die Rede sein. Hierfür fehlt jeder Nachweis.

Es ist viel mehr so, dass die Algorithmen durch unser Nutzungsverhalten extrem genau wissen und vorhersagen können, was uns heute oder vielleicht erst übermorgen interessiert. Außerdem konsumieren wir schon unbewusst Inhalte zu Themen, über die wir uns vielleicht erst mehrere Tage später aktiv Gedanken machen.

Schau dir neue Influencer bei Instagram an, zu deren Themen auch Diäten gehören, dann wirst du vermutlich entsprechende Anzeigen erhalten. Oder rede mit deiner Frau – die digital mit dir verknüpft ist, am selben Standort ist und im selben Wlan surft – über bestimmte Themen, wodurch Algorithmen aufgrund ihres Nutzungsverhaltens auch auf eure Interessen schließen können.

Wer selbst reinhören will, was der Experte den ORF-Kollegen gesagt hat, kann das hier tun.

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8 Kommentare zu „„Experten“ öffentlich-rechtlicher Sender verbreiten urbane Legende vom mithörenden Handy“

  1. Wow. Das ist ja super naiv. Also weil mein Handy mir nicht anzeigt dass gerade das Mikrofon benutzt wird kann ich mir auch 100%ig sicher sein dass es definitiv nicht benutzt wird? Also so sicher wie man sich auch sein konnte dass Facebook dem System damals nicht vorgespielt hat es wäre eine Musik App um dauerhaft im Hintergrund zu laufen? Was sich dann natürlich nur als versehen oder technischen Fehler herausgestellt hat? Also ich habe bereits Werbung zu Themen bekommen über dienlich mich mit jemandem unterhalten habe die in keiner Weise zu meinem Profil passen würden.

    Dieser Kommentar ist an Lächerlichkeit kaum zu überbieten. Das einzige was hier stimmt ist, dass es noch niemals nachgewiesen wurde. Aber das gleiche hätte man damals halt auch über Facebook sagen können.

      1. Also in Zeiten wo ein Trojaner wie pegasus möglich ist von einem israelischen Unternehmen möchte ich mir gar nicht auszahlen was unternehmen wie Apple Google und Meta können müssen mit ihren Milliarden an Geldern.

        Ich kann deinen Ansatz nachvollziehen. Es gibt keinen Beweis also ist es nicht passiert.

        Ich gehe da aber eher in die Offensive und sage ich selber bin schon mal davon betroffen gewesen und kenne mehrere Leute die gleiches berichten und kann mir vorstellen dass big tech in der Regel macht was es kann und das es technisch möglich ist hat uns pegasus bewiesen. Ich denke die diese Meinung sollte nicht als Quatsch abgetan werden. Aber das bleibt dir selbstverständlich überlassen wie du darüber denkst.

  2. Nun, zumindest bei Amazon/Alexa ist (u.A. durch die c’t) bereits nachgewiesen (!), dass die entsprechenden Devices jeden Sprachfetzen an Amazon weitergeben. Die Alexa App gibt es auch in App- und Play Store und wird von Nutzern dieser Dienste gerne heruntergeladen. Wieso sollte diese App auf Smartphones und Tablets nicht genau das machen, was die Echo-Geräte stationär zuhause tun?

    Die Überlegung, dass Google hier nicht ähnlich vorgehen könnte, wäre zumindest nicht unbedingt abwegig. Und Deine Aussagen zur Sicherheit des Google Play Store meinst Du doch nicht wirklich ernst, oder? Zwar ist der Play Store die ttsächlich „sicherste App-Quelle für nahezu alle Android-Nutzer“, aber ach nur, weil de Rest der APK-Halden im Netz komplett unkontrolliert sind. Wirklich sicher und auf Herz und Nieren geprüft ist da kaum etwas.

  3. Ich hatte gestern eine seltsame Situation, wir saßen mit 3 Personen am Tisch und 2 davon haben sich über gebrauchte Scheinwerfer unterhalten. 1 Minute später war bei MIR im Facebookstream Werbung von Ebay für gebrauchte Scheinwerfer !!

    Ich habe vorher nichts in der Richtung online gesucht und die Kollegen haben sich nur darüber unterhalten.

    So, jetzt seid ihr dran.

  4. Ganz ehrlich, eure Aussage „Inzwischen wird bei Geräten mit Android und iOS außerdem auffällig (mit bunten Icons) darauf hingewiesen, wenn Apps auf Standort, Mikrofon oder Kamera aktiv zugreifen.“ solltet ihr kritisch hinterfragen. Zumindest gibt es keine Anzeige, das Siri dauerhaft auf das Mikrofon zugreift. Genauso ist es beim Google Assistenten und bei den Pixel die Musikerkennung im Hintergrund. All diese Dienste greifen auf das Mikro zu, keines der genannten OS zeigt dies aber an. Müsste zwar über en Extra Symbol geregelt werden damit man die anderweitigen Zugriffe auch mit bekommt, aber das ist ja bisher nicht der Fall.

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